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Die Melone - ein englischer Filzhut in Bolivien

Wer nach Bolivien reist, dem fallen sie sofort ins Auge. An jeder Straßenecke schmücken sie die Häupter der einheimischen Damen, die sie mit Stolz und Würde tragen: die Melone. Ein Filzhut (auch Bowler genannt), den man eher ins London des frühen 19. Jahrhunderts einordnen würde, ist hier unverzichtbarer Teil der traditionellen Kleidung. Schon Charlie Chaplin trug eine Melone. Doch wie kam dieser besondere Hut auf die Köpfe bolivianischer Frauen?

Die Erfindung der Melone

Der Hut, um den es geht, stammt ursprünglich aus England und ist dort im Jahr 1849 erfunden und als Bowler nach seinen Erfindern Thomas und William Bowler benannt worden. Dass der Hut auch die Form einer tiefen Schale („bowl“) hat, dürfte bei der Namensgebung eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.

Der Bowler war ursprünglich eine Sonderanfertigung für den Wildhüter James Coke. Dieser wollte seine Arbeiter mit einem robusten Hut ausstatten, der bei der Arbeit nicht im Weg war. Seither wurde er von Arbeitern in England und Cowboys in den USA zugleich geschätzt - aufgrund seiner Festigkeit und seiner kleinen Krempe, die freie Sicht erlaubte und sich nicht vom Wind beeindrucken ließ.

Der Erfinder der deutschen Bezeichnung hatte wohl im Sinn, dass der Bowler einer Melone noch ähnlicher sei als einer Schale. In Bolivien heißt die Melone schlichtweg „El Sombrero“.

Aus der englischen Hutmacherei auf die Köpfe der Bolivianerinnen

Man erzählt sich, dass zu Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft eine Lieferung von Filzhüten nach Bolivien kam. Diese waren für die englischen Arbeiter bestimmt, welche mit dem Bau der Eisenbahnstrecke beauftragt waren.

Die Hüte waren jedoch zu klein! Unter den bolivianischen Männern fanden die Handelsleute der Erzählung nach keine Abnehmer. Und so veräußerten sie die zu kleinen Hüte kurzerhand an die einheimischen Damen, die von dieser exotischen Kopfbedeckung ganz angetan waren.

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Quelle : canva

Die Cholitas: ein Hut zur Identitätsfindung

Die Fashion-Neuheit wurde bald von den Cholitas der ethnischen Gruppe der Aymara übernommen und zu einem Bestandteil ihres traditionellen Gewands gemacht.

Als Cholas oder Cholitas werden die Töchter gemischter Ehen und deren Nachfahren bezeichnet, in denen ein Elternteil spanischer Abstammung war und das andere indigene Wurzeln hatte.

Der männliche Begriff Cholos für die Söhne aus gemischten Beziehungen hat sich als Schimpfwort etabliert und wird heute nicht mehr gern gehört.

Das kulturelle Erbe der Aymara

Die Aymara gelten als die Nachkommen der Tiwanaku-Hochkultur, die noch vor den Inkas die majestätischen Anden bewohnten. Sie stammen aus dem Westen Boliviens und haben ihre eigene Sprache (Jaqi Aru), die in den bolivianischen Anden bis heute gesprochen wird. In Bolivien gehören heute rund 30 bis 40 % der Menschen den Aymara an. Sie verbindet neben einer Vielzahl an kulturellen und religiösen Praktiken nicht zuletzt auch ihre Kleidung.

Cholitas: zwischen spanischer und Aymara-Kultur

Das traditionelle Outfit einer Cholita repräsentiert den Balanceakt zwischen den Kulturen ihrer Vorfahren. Es besteht neben der Melone aus traditionellen Röcken (Pollera) und bunten Schals. Diese Kombination wird als Versuch verstanden, eine eigene Identität zu schaffen, nachdem sie sich als Mischlinge weder zu den weißen Spaniern noch den Indigenen zugehörig fühlen konnten.

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Cholitas - Viventura

Die Melone - ein kostspieliges und wandelbares Accessoire

Wichtiger Bestandteil der Cholita-Tracht ist die Melone, der berühmte schalenförmige Filzhut. Ursprünglich in schwarz gehalten, gibt es ihn heute in verschiedenen Farben von grün oder braun bis grau. Hergestellt werden die Melonen mittlerweile von Traditionshutmachern direkt in Bolivien und bestehen meist aus Hasenfell oder Lama-Wolle.

Zu einem Modesymbol geworden, bleibt die Melone keineswegs gleich. Jedes Jahr kommen neue Designs auf den Markt, die in ihrer Höhe, in der Form und Größe der Hutkrempe oder in der Farbe variieren.

Für bolivianische Einkommensverhältnisse ist die Melone kein günstiges Vergnügen. Zwischen umgerechnet 50 und 200 Euro - etwa so viel wie ein bolivianisches Durchschnittsgehalt - bezahlen die traditionsbewussten Damen für ihre Kopfbedeckung.

Manche besonders raffinierten Kreationen können bis zu 500 Euro kosten. Ein teurer Hut und kostspieliger Schmuck führen häufig dazu, dass eine Cholita bei großen Festen mit vielen Menschenmassen einen Bodyguard bei sich hat, der die wertvollen Accessoires vor Dieben schützt.

So wird der Hut getragen

Wie der Hut getragen wird, kommt nicht von ungefähr. Denn der Art und Weise, wie er auf dem Kopf platziert wird, kommt allerhand Bedeutung zu. So wird die Melone nicht wie ein gewöhnlicher Hut komplett bis zur Stirn hinuntergezogen, sondern oberhalb des Kopfes getragen.

Dabei kann er gerade auf dem Kopf thronen oder leicht zur Seite geneigt sein - ein Zeichen dafür (so heißt es), ob eine Chola verheiratet ist (gerade) oder nicht (schräg). Den Hut auf diese Weise ohne Haarklammern oder Gummis auf dem Kopf zu balancieren, ist eine wahre Kunst.

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Tragen von Melonenhüten bei den Cholitas - Quelle : canva

Der Pollera

Der lange Rock (Pollera) ist häufig mit Pailletten besetzt. Unter der Pollera werden mehrere Unterröcke namens Centros getragen. Bis zu 20 Röcke insgesamt sind nicht unüblich, besonders im Rahmen von Festivitäten. Der auf diese Weise vergrößerte Hüftumfang gilt als besonders attraktiv. Die Knöchel bleiben unbedeckt, denn auch sie gelten in Bolivien als Schönheitsmerkmal.

Und auch die Pollera ist wandelbar: Jedes Jahr gibt es neue Trends mit neuen Mustern und Stoffen, die auf Chola-Modenschauen präsentiert werden.

Das Outfit wird komplettiert mit einer lang- oder kurzärmligen Spitzenbluse und einem langen Schal (La Manta) aus Lama- oder Alpakawolle. Dazu werden teurer Schmuck und Ballerinas getragen.

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Quelle : canva

Die Cholitas und ihre Kleidung im heutigen Bolivien

Lange Zeit galt traditionelle Kleidung in dem spanisch geprägten Land als minderwertig und rückständig. Seit Mitte der 2000er Jahre wandelt sich dieses Bild jedoch. Im Jahr 2006 wurde mit Evo Morales das erste Mal ein indigener Politiker aus der ethnischen Gruppe der Aymara zum Präsidenten gewählt. Dieses Ereignis sowie die folgenden gesellschaftlichen Umbrüche führten dazu, dass die Kultur und Kleidung der Cholitas heute zu einem Nationalsymbol geworden sind und die Kleidung mit Stolz getragen wird.

Die Melone und der Pollera weichen in der jüngeren Generation dennoch mehr und mehr westlicher Kleidung. In der Universität und am Arbeitsplatz entscheiden sich junge Frauen häufig für europäische und nordamerikanische Schnitte und Muster. Die traditionellen Gewänder sind jedoch weiterhin nicht von Festen und anderen besonderen Anlässen wegzudenken.

Besuchen Sie dieses schöne Land daher am besten zu einem Feiertag, zum Beispiel dem Nationalfeiertag am 06. August. Dieser wird mit vielen Festen begangen, auf denen die Bolivianer stolz ihr kulturelles Erbe und ihre traditionelle Kleidung präsentieren.

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